
Lange bevor wir unsere grosse Reise antraten machten wir uns schon diverse Gedanken. Wir mussten abklären, ob wir für eine so lange Zeit wegfahren können. Wir mussten uns für eine Destination entscheiden, und dann die Reise organisieren. Dabei war unser Baby immer der Mittelpunkt.
Eigentlich wollten wir für drei Monate nach Südamerika, besser noch: von Mexiko bis in die Antarktis. Wir begannen zu rechnen, kamen auf ein Alter von Lian von 9 Monaten, und erkundigten uns nach den Impfungen. Doch schon bald merkten wir, das ist nichts für uns. Wenn wir nach Mittel- und Südamerika fahren, dann besuchen wir den Regenwald. Wir bleiben nicht auf den Hauptrouten und begeben uns weit weg vom nächsten Spital. Obschon es sicher möglich wäre, mit Baby in diese Region der Welt zu fliegen, für uns ist es nichts. Wir warten, bis unser Kind älter ist.
Wenn wir mit dem Camper unterwegs sind treffen wir kaum Kleinkinder. Alaska scheint kein Reiseziel für Kinder allgemein, aber schon gar nicht für die Kleinsten. Das mag auch am Preis liegen, denn Alaska ist nicht billig. Es liegt aber sicher auch an den Inhalten des Reiseziels: Fischen, Jagen, Trekking, Klettern, Kayak fahren – keine Aktivitäten für Kleinkinder. Aber auch im Yukon in Kanada treffen wir nur selten Babys. In einem Monat kommen wir auf 3.
Wenn man sich Zeit nimmt für das Kind ist Reisen im Camper gut möglich. Der riesige Vorteil daran ist: Man schläft jede Nacht im selben Bett. Das ist ein enormes Plus, gerade wenn man wie wir ständig unterwegs ist. In einem Monat haben wir zwei Campingplätze für mehr als eine Nacht gebucht, und dann waren es zwei.
Wenn wir mit den Leuten reden, sagen sie häufig: „Er wird in nullkommanichts einschlafen.“ Auf der Eisenbahn, beim Autofahren, beim Wandern im Tragerucksack. Leider schläft unser Kleiner allgemein nicht sehr viel, und zu viel Schlaf über Tag bewirkt natürlich eine entsprechend kurze Nacht. Da sind dann die Leute mit den guten Ratschlägen nicht mehr dabei, morgens um 3.
Hier oben im Norden sind die Tage lang. Die Sonne geht erst nach 22 Uhr unter und kommt entsprechend früh wieder hoch. Bereits in den ersten Tagen haben wir gemerkt, dass dies für unseren Kleinen ein Problem ist. Besser gesagt für uns. Wenn er nämlich, wie üblich, nach einer guten Schlafphase kurz erwacht, reicht es zu Hause, ihm den Nuggi zu geben, und er schläft wieder weiter. Hier hingegen ist bereits morgens um 4 Tag. Schlimmer noch, es ist bis Mitternacht und ab 2 wieder taghell. Wenn er also hier kurz erwacht, dann beginnt sein Tag. Sei dies um 23 Uhr oder um 5 Uhr. Wir haben das Problem wie wahrscheinlich viele Leute im Norden durch Abdunkeln der Fenster gelöst.
Unser Eindruck von Nordamerika ist ein positiver. Man ist kinderfreundlich, vieles ist selbstverständlich. Es hat Wickeltische, meist auch im Herrenklo, fast alle Restaurants haben Kindersitze oder Sitzschalen. Wenn man nicht direkt fragt, sagt auch niemand etwas wenn man im Restaurant Brei füttert (das Gesetz verbietet mitgebrachte Speisen). Niemand äussert sich negativ wenn’s einmal kurz laut wird, und alle sprechen ihn an. „Hey Hübscher, du siehst aber süss aus! Hältst deine Eltern auf Trab, was? Du scheinst ein Lustiger zu sein! Oh my gosh you are soo adorable!“